Der Bayerische Kataster


Im Königreich Bayern wurde erstmals um 1808/1810 das Land kartographiert und ein Kataster angelegt. Nachdem dieser Kataster um 1830/1840 durch einen verbesserten Kataster ersetzt wurde, wird im Folgenden nur der Kataster 1830/1840 ff. behandelt.

Die Aufgabe dieses Katasters war, die Besteuerung der Häuser und Grundstücke (Haus- und Rustikalsteuer) auf eine neue Grundlage zu stellen. Im Alten Reich waren die Kirche, Klöster und auch viele Adelsherrschaften steuerfrei, dies sollte mit dem neuen Kataster neu geregelt werden. Es waren nun alle Häuser und Grundstücke steuerpflichtig, es gab aber auch Ausnahmen. So wurde in der Regel das Grundstück, auf dem eine Kirche oder ein Friedhof war, nicht besteuert, auch die Straßen und Wege, die den Gemeinden gehörten, waren steuerfrei. Dies war dann in dem speziellen Kataster der Steuergemeinde entsprechend vermerkt. Auch gab es bis 1848/1852 noch die Dominikalsteuer, also die Steuer, welche die Lehensinhaber (z.B. Bauern) einer Herrschaft (Freiherr, Graf, Fürst, Kloster, Hochstift, Stiftung etc) an diesen zahlen musste. Diese Dominikalsteuer wurde in der Regel mit der Haus- und Rustikalsteuer verrechnet (siehe Beispiel Plan- bzw. Flurnummer 045). Diese Dominikalsteuer und auch die anderen Grundlasten wie Zehent an die Kirchen konnte man um 1848 durch eine Einmalzahlung an den früheren Lehensherrn für immer abgelösen. Der Ablösebetrag war das achtzehnfache der Jahresdominikalsteuer. Zu diesem Zweck wurde damals eine Ablösungskasse des Staates gegründet, Näheres siehe hier: https://heinz-wember.de/MySQL-Kriegshaber/index-ngb.html

Das Königreich Bayern war um 1808 in 17 Kreise eingeteilt, die zunächst die Namen von Flüssen hatten, später (ab 1837 unter Ludwig I.) in die acht historischen Gebietsnamen umbenannt bzw. neu eingeteilt wurden, unser Gebiet war also Schwaben, wie es noch heute heißt. Allerdings wurde die Bezeichnung für diese Verwaltungsgebiete im 20. Jht von Kreis in Bezirk geändert, und auch die Bezeichnung für die Bezirke in Kreise geändert. Details hierzu siehe unter Quellen von Kriegshaber (E1): http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigreich_Bayern.

Welche Gliederung die Steuergemeinden hatten, ist hier zu ersehen: https://heinz-wember.de/MySQL-kriegshaber/katkopf.php. Die relevanten Kataster für unser Beispiel Kriegshaber stehen hier: https://heinz-wember.de/MySQL-kriegshaber/katbandn.php. Dass bei unserem Beispiel Kriegshaber einmal unter Kreis Augsburg und dann wieder unter Stadt Augsburg zu finden ist, ist eine Veränderung der Systematik, nachdem Kriegshaber 1916 ein Stadtteil Augsburgs wurde. Auch hieß der ursprüngliche Name des Rentamtes Göggingen, später wurde daraus Augsburg. Unter König Maximilian I. Joseph war die Gemeindeverwaltung ursprünglich zentral angelegt, später (mit der Verfassung von 1818) bekamen dann die Gemeinden wieder die Selbstverwaltung. "Architekt" für die neue Verwaltung des Kurfürstentums/Königreiches war Graf Montgelas, der schon zu Zeiten, wie der damalige Herzog Maximilian Joseph von Zweibrücken noch Anwärter auf den Thron Bayerns war, Berater Maximilians war. Daher auch die enge Verwandtschaft der Verwaltungsstrukturen mit derjenigen Frankreichs zur Zeit nach der Revolution von 1789. Die neue Verwaltung von Bayern und besonders der neu angelegte Kataster hatte Vorbilder in Frankreich nach der Revolution von 1789, insbesonders durch die Reformen von Napoleon. War doch Max Joseph von Zweibrücken früher in französchen Diensten als Stadtkommandant von Strassburg, und auch Montgelas stammte auch Frankreich, auch er kannte die dortige Verwaltung. Die Verfassung von 1818 ist jedoch erst nach der Entlassung von Graf Montgelas in Kraft getreten.

Hier nun die Vorstellung der Systematik des Katasters von 1840 am Beispiel Kriegshaber. Details siehe hier: https://heinz-wember.de/MySQL-Kriegshaber/dokukat1840system.php

Eine Voraussetzung für den Kataster von 1840 war die neue Vermessung von Kriegshaber, die 1830 vollendet war. Hier hatten nun alle Grundstücke unveränderliche Flurnummern (früher Plannummer genannt).

Um die Systematik bei einer Grundstücksveränderung zu erkennen, dokumentiere ich nun einen fiktiven Grundstücksverkauf bzw. -kauf, sagen wir, es ist das Jahr 1900. Der Eigentümer von Haus 20 in Kriegshaber verkauft ein Grundstück, das ein auswärtiger Käufer übernimmt. Der Vertrag wird um diese Zeit, wie heute auch noch, beim Notar gemacht, die Kopie des Vertrages bzw. die wesentlichen Informationen daraus wie Datum des Vertrages, Vertragspartner, Nummer des Vertrages und Name des Notars, Flurnummer, Kauf- bzw. Verkaufspreis wird dem Grundbuchamt weitergeleitet. Der Grundbuchbeamte trägt nun folgendes ein:
1. Abgang beim Verkäufer
Der aktuelle Kataster ist von 1892, in diesem findet er den Verkäufer mit Hausnummer 20. Das sei im dritten revidierten Kataster von 1892 auf der Katasterseite 55. Er legt nun im Umschreibheft ein neues Blatt an, das die Seite 55 1/2 erhält. Hier wird also der Abgang des Grundstückes, sagen wir mal, es sei die Plannummer 370, und die nun aktuelle Summe der Grundstücke eingetragen. Daneben ist auch als Referenz auf den Kaufvertrag des Notars Bezug genommen, es wird auch der Name des Käufers, der Preis und auch die Zugangskatasternummer eingetragen. Nachdem in unserem Beispiel der Käufer nicht in Kriegshaber wohnt, hat er auch keine Hausnummer hier. Er bekommt eine neue Besitznummer. Alle Besitzungen von Auswärtigen sind auf der letzten Katasterseite eingetragen, sie haben die Besitznummer 1/2, 1/3, usw., sagen wir mal, die letzte vorhandene Besitznummer sei 1/12. Der Käufer in unserem Beispiel bekommt also die Besitznummer 1/13, die nächste nicht belegte Katasterseite sei z.B. 400.
2. Zugang beim Käufer
Für den Käufer wird nun im Umschreibheft ein neues Blatt angelegt, wo der Name des Besitzers und auch seine Besitznummer eingetragen wird. Hier wird nun der Vorgang eingetragen, Plannummer, Größe, Daten des Kaufvertrages usw.
3. Der Käufer baut auf seinem erworbenen Grundstück ein Haus (z.B. 1902)
Wie heute noch üblich wird der Rohbau vermessen und wird im Messverzeichnis eingetragen. Eine Kopie des Messverzeichnisses erhält der Katasterbeamte. Er sucht nun den Besitz des Käufers (im Umschreibheft 1/13), trägt hier die Daten entsprechend ein. Es wird nun auch eine Hausnummer vergeben. Nehmen wir an, das neue Haus steht zwischen den Häusern 210 und 211, so erhält das neue Haus die Hausnummer 210 1/2. Diese neue Hausnummer wird nun auch auf dem Blatt 1/13 nachgetragen, außerdem auch die Messverzeichnisnummer, die eine laufende Nummer des Jahres 1902 ist. Ebenso wird auf der letzten Seite des Katasters von 1892 diese neue Hausnummer mit Namen und Katasterseite nachgetragen.

Weitere Aktivitäten im Katasteramt.
Wie in der Übersicht der Katasterbände von Kriegshaber ersichtlich, gibt es auch ein Flächenrepertorium. Hier sind alle Grundstücke in der Reihenfolge der Plannummer (Flurnummer) eingetragen. Wenn es nun zu Grundstücksteilungen kommt - ein Feld hat z.B. 2 ha und die Bauplätze sind 200 bis 500 qm groß - wird dies hier nachgetragen. In unserem obigen Beispiel hatten wir angenommen, dass der Käufer das gesamte Grundstück kauft. Es hätte aber auch sein können, dass dieses Grundstück vorher geteilt wurde, und die einzelnen Parzellen später an verschiedene Personen verkauft wurden. Diese Grundstücksteilung wird nun auch beim Besitzer des Grundstückes im Umschreibheft nachgetragen. Bleiben wird bei unserem Verkäufer mit der Hausnummer 20. Die relevante Katasterseite für diesen Nachtrag ist 55 1/2 bzw. wenn es die zweite Seite ist, dann 55 1/3 etc. Hier werden nun alle geteilten Grundstücke eingetragen. Das ursprüngliche Grundstück mit der Plannummer z.B. 370 wird als Abgang gebucht, die neuen geteilten Grundstücke werden als Zugang mit 370 1/2, 370 1/3, 370 1/4 etc. so viele neue Grundstücke es eben sind. In diesem Fall bleibt die Größe des Gesamtbesitzes dann gleich, es sei denn, ein Teilgrundstück ist als Straße vorgesehen, das an die Gemeinde Kriegshaber verkauft wird, was dann natürlich auch eingetragen wird. In Kriegshaber um 1900 wurden alle Straßen und Wege bei einem Haus (dem Armenhaus), das der Gemeinde gehörte, eingetragen. Die Wege wurden aber nicht besteuert.

Die Dominikalsteuer
Diese wurde noch im Kataster von 1840 separat ausgewiesen. 1848/52 wurde jedoch diese Dominikalsteuer wie auch die anderen Steuern wie die verschiedenen Zehentsteuern durch eine andere Verrechnung abgelöst. Im Fall von der Dominikalsteuer wurde diese einmalig durch einen Geldbetrag, der in der Höhe des achtzehnfachen Betrages der Jahresdominikalsteuer war, abgelöst. Die Empfänger der früheren Dominikalsteuer erhielten vom Staat verzinsliche Schuldverschreibungen. Details hier: https://heinz-wember.de/MySQL-Kriegshaber/index-ngb.html

Wie geht ein Familienforscher nun vor, wenn er die Geschichte seines Hauses erkunden will?
Er hat auf jeden Fall die Angaben seines Hauses mit der Plannummer, die ab 1944 Flurnummer genannt wird. Wenn er auch weiß, wann das Haus gebaut wurde, dann kann er als erstes die Messverzeichnisse anfordern, die nach Jahren abgelegt sind. Hier findet er die notwendigen Daten, also die Katasterseite, wo diese Messung eingetragen ist. Nehmen wir wieder an, der Forscher wohnt heute in dem Haus, das bis 1916 (dem Jahr der Eingemeindung von Kriegshaber nach Augsburg) die Hausnmmer 210 1/2 trug und heute, sagen wir mal die Adresse Untere Osterfeldstraße trägt. Er wird also auf die Katasterseite z.B. 400 des Besitzers 1/13 bzw. Hausnummer 210 1/2 verwiesen, wo der ursprüngliche Kauf des Grundstückes, der Hausbau und dann natürlich auch die weiteren Eigentümer des Hauses nachgetragen sind, entweder wurde das Haus vererbt oder auch verkauft, beides ist hier zu finden. Der erste Eintrag auf der Katasterseite 400 (diese Seite ist im Umschreibheft für Kataster 1892 -Nachträge- zu finden) ist der Kauf des Grundstückes, er weiß also, wer früher der Eigentümer dieses Grundstückes war, wahrscheinlich war es einer der drei bzw. vier Bauern, die es in Kriegshaber gab.
Nehmen wir nun an, dass dem Forscher das Jahr des Hausbaues nicht bekannt ist, dann muss er nun anders vorgehen. Er weiß aber in jedem Fall seine Flurnummer, sagen wir mal, es ist die Flurnummer 370/3 (1944 wurde nicht nur der Name von Plannummer in Flurnummer geändert, man schrieb seitdem statt 370 1/2, 370 1/3 usw. 370/2, 370/3 etc., wie es auch heute noch ist). Nun kann der Forscher das Flächenrepertitorium zu Hilfe nehmen und schauen, wo diese Flurnummer 370/3 bzw. 370 1/3 steht. Nachdem die Eintragungen im Flächenrepertitorium chronologisch erfolgt, ist dies dort zu finden, wo im Jahre 1900 alle Grundstücksteilungen nachgetragen wurden. Hier hat er nun den Verweis auf die Besitznummer 1/13, die auf der Katasterseite 400 zu finden ist.

Lage eines Grundstückes in einer Gemeinde
Für diese Fragestellung ist die Flurkarte auskunftsfähig. Bis 1830/1840 waren alle Gemeinden Bayerns kartografiert. Es wurden den Grundstücken Flurnummer (damals Plannummern genannt) zugeteilt und auch eingetragen, wem das Grundstück gehört. Für Kriegshaber sind die Karten hier zu finden: https://heinz-wember.de/MySQL-Kriegshaber/Karten/K/index.html. Die Flurnummern sind schwarz, die Hausnummern der Besitzer sind rot eingetragen.

Siehe auch die Buchquelle zum bayerischen Kataster: http://heinz-wember.de/MySQL-Kriegshaber/pw/dokukatasterbuch.php


Übersicht Kataster

Änderungsstand dokubayrkataster: 08-Dez-2020
Heinz Wember
Übersicht Kriegshaber
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Heinz Wember